Ich glaub´ mich knutscht ein Elch

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es war uns nicht vergönnt ein lebendes Elch Exemplar in freier Wildbahn zu erspähen, aber dafür wenigstens Rentiere. Das hinderte uns jedoch nicht hoffnungsvoll unsere Tischkarten- Elche zu schnitzen und mit einem Elch Quiz die Rüstzeit zu beginnen – quasi ein Elchtest – also was wir so über dieses nordische Tier wissen – und wenn nicht, eben dazu lernen konnten. Dieser Einstieg war genau das Richtige nach der langen anderthalb Tage Anfahrt. Am nächsten Tag wurde uns schon deutlich, die Wettersituation wird uns allerhand abverlangen, denn Dauerregen war für die ganze Woche angesagt.

Aber am Morgen gab es eine Regenpause und so starteten wir zur Einlauftour, die ging ab unserem Quartier nur auf der Straße, alles andere war klitschnass. Tags darauf trauten wir uns auf eine Tagestour. Der Glittertind – Norwegens zweithöchster Berg sollte es werden. Bei feuchtkalten Wetter zogen wir los, hatten aber ausreichend Sicht um uns zu orientieren und kamen somit zügig voran. Vor sieben Jahren hatten wir den Berg schon einmal im whiteout bestiegen. Diesmal konnten wir das Gipfelplateau sehen. Doch was für eine Ernüchterung, die Eiskappe war unterdessen in den vergangenen Jahren der Klimaerwärmung zum Opfer gefallen. Bis in die sechziger Jahre war dieser Berg durch seine Gletscherkappe der höchste Berg des Landes. Jetzt standen wir nur noch auf Fels und Geröll. Am frühen Nachmittag war es höchste Zeit um den Rückweg antreten. Nach etwa einer Stunde passiert einem aus unserer Gruppe ein verhängnisvoller Stolperschritt. Er stürzte mit dem Kopf auf einen Stein. Eine blutende Wunde mitten auf der Schädeldecke. Nach der Ersthilfe Versorgung entschieden wir; hier muss ein Rettungshubschrauber her. Richtig gemacht, denn erst die 3. Klinik wagte sich an die Kopfwunde. Um Mitternacht konnten Frithjof und Hubert, Falk wohl versorgt aus dem 200km entfernten Lillehammer wieder in unsere Runde holen. (Mittlerweile ist alles gut geheilt und die Kosten sind von der Krankenkasse getragen worden. Wie gut sind wir doch versorgt!)   

Die Grundlage für die Bibelgespräche bildeten Bibeltexte mit dem Inhalt „das hätte ich so nicht gedacht“. Gleich am Anfang der Bibel schwört Gott die Menschen nicht nochmals mit einer Sintflut sie zu strafen. Obwohl Gott weiß, dass die Menschheit sich nicht von ihrer Boshaftigkeit bekehren wird, steht er zu uns und wacht über die Schöpfung und verspricht Saat und Ernte für unser Leben. Als Erinnerung für uns und sich setzt er den Regenbogen in die Wolken als sein „Markenzeichen“. Das verrückte daran – wir sahen diesen täglich als Lichtspiel der feuchten klimatischen Verhältnisse am norwegischen Himmel prangen. In einem anderen Text der dem König Salomo zugeschrieben wird (Prediger 11+12) lesen wir, dass wir lustvoll an das Leben gehen sollen, denn vom Genießen ist die Rede! Sicher, es gibt auch viele Aufträge für uns Menschen, aber die Mischung macht es eben. Darum ist „Freude“ ein ganz zentrales und oft vorkommendes Wort in der Bibel. Freude und die daraus resultierende Dankbarkeit sollen nämlich unser Leben bestimmen. In den morgendlichen Andachten hingegen waren „Kuss-Bibelverse“ die Basis als Querverbindung zum Knutschen. Da gibt es z.B. den Bruderkuss (Rö. 16,16) Verräterkuss (Lk. 22,48, Versöhungskuss (1.Mo. 33,4), Friedenskuss (Ps. 85,11) und den Begrüßungskuss (Lk. 7,45).

Mit dem Bergsteigen wurde es schwierig bei den regnerischen Verhältnissen. Tagestouren waren nicht mehr drin. Dennoch gönnten wir uns an einem vorgerückten Nachmittag noch Norwegens Höchsten, den Galdhoppingen. Im Nebel brachen wir auf und im Abendsonnenschein hatten wir die beste Sicht der Woche bei unserm Abstieg. Eine andere Tour wird uns wohl noch unvergesslicher bleiben – eine Rundtour in einem geplanten „Trockenfenster“. Wäre auch gut gegangen, wenn nicht ein Seeabfluss worüber der Wanderweg verlief durch den Dauerregen der vergangenen Tage Hochwasser führte. Im Normalfall führt der Weg über Steine problemlos ans andere Ufer, aber an dem Tag war nichts zu machen. Es blieb uns nichts anderes übrig statt des nahen Zieles  einen zweistündigen Umweg in Kauf zu nehmen. Leider überzogen wir dabei das regenfreie Zeitfenster und wanderten im strömend peitschenden Regen. Alle wasserdichte Kleidung hielt nicht mehr stand, das Wasser lief uns vom ganzen Körper bis in die Schuhe. Keinem war es mehr zum „Galgenhumor“, selbst die Gespräche verstummten nach und nach. Doch nach halbstündiger Rückfahrt, nasse Sachen ausziehen und warmer Dusche und trocken Kleidung, war die „Welt wieder schnell in Ordnung“. Der letzte Tag schenkte uns unerwarteter weise eine sonnige Wanderung, an der auch Falk wieder mit dabei sein konnte – der bis dahin auf Anraten der Ärzte keine Anstrengungen auf sich nehmen sollte. Fazit: Eine Woche die anders als geplant, aber dennoch erlebnisreich und gesegnet war.   

Text: H. Günther / Fotos: S. Irrgang