Wege gehen – Männerrüstzeit vom 3. bis 6. April in Rathen

Eine Männerrüstzeit in der Sächsischen Schweiz im Haus Felsengrund in Rathen mit dem Thema „Wege gehen“, das sich fast aufdrängt, wenn man dort an sonnigen Tagen die Menschen sieht, die spazieren, wandern oder – die ganz Mutigen – klettern. Mir wird schon schwindlig, wenn ich von unten die in den Himmel ragenden Felsen ansehe. Das Thema hat 22 Männer angelockt, die aus den unterschiedlichen sächsischen Gemeinden der Ev.-luth. Landeskirche kommen. Von Bad-Lausick bis Pesterwitz, von Hartha bis Röhrsdorf; alle gespannt, wohin uns das Thema führen wird und offen, über die unterschiedlichen Wege im eigenen Leben nachdenken zu können.

Der Abend am Anreisetag dient dem Kennenlernen, wer kommt woher, macht was, hat welche Erwartungen. Auch spannend: „Was war, was ist mein schönster Weg“ wird thematisiert und nimmt uns mit in die Gedankenwelt jedes Einzelnen. Jeder weitere Tag beginnt mit Morgenandacht und Gebetsgemeinschaft, Luthers Morgensegen kommt wieder ins Gedächtnis. Nach dem Frühstück das erste Thema, „Wenn man auf einem Irrweg ist“. Die Geschichte Bileams wird gemeinsam bedacht. Bileam sollte das Volk Israel verfluchen, damit es den Moabitern keinen Schaden zufügen kann. Bileam ließ sich locken durch die reichliche Belohnung. Seine Eselin sah den Engel, der den Weg versperrte. Bileam hatte nur „Dollars“ vor Augen. Das ließ ihn letztlich scheitern. Wir überlegen, wo falsche Ziele uns selbst auf falsche Wege gelenkt haben. Umkehr ist nötig, da die Bibel uns deutlich vor Augen führt, wohin falsche Wege führen und wie sie enden.

Nachmittags geht es in die Stadt Königstein und wir erfahren die Geschichte der Film-Lichtspiele, die von Christen für die kleiner gewordene Ortsgemeinde als Begegnungsstätte wieder aufgebaut wurde. Etwas tun, was Mitmenschen dient, das ist die Forderung des Gebotes „den Nächsten lieben wie sich selbst“. Abends erzählen Männer ihren Lebensweg, ungeschminkt, offen – auch den, der nicht immer gradlinig verlief, aber immer erkennen ließ, dass Gott mit ihnen und mit uns unterwegs ist, wir nicht allein sind, auch nicht in hässlichen oder schweren Momenten.

Am Samstag ist morgens das Thema Versöhnung dran. Begegnungen sind nur dann für die Beteiligten beglückend, wenn nicht Zwietracht trennt, sondern Eintracht eint. Wie oft müssen wir vergeben, 7 x 70-mal? „Immer“: sagt uns Jesus, der weiß, dass wir oft am Nächsten schuldig werden und deshalb oft Vergebung erbitten und in Anspruch nehmen müssen. „Rechthabenmüssen“ macht einsam. Wir bedenken, dass wir Vergebung suchen, deshalb auch Vergebung gewähren müssen. Nachmittags wandern wir Richtung Amselsee und lernen Wegzeichen kennen und sie als Beispiel für unser Leben deuten. Ich weiß nun was Rundwanderweg, was Streckenweg und was Holzweg kennzeichnet. Holzwege sollten wir im Leben vermeiden, auch wenn sie der Holzwirtschaft dienlich sind, zu der wir aber nicht gehören. Wir brauchen Wege, die weit in Richtung Ewigkeit gehen. Der Tag endet mit einem Film „Auf dem Weg – 1300 km zu mir“, ein Ausschnitt aus dem Leben des französischen Schriftstellers Sylvian Tesson. Unglück und körperliche Mängel halten uns nicht auf, lernen wir.

Sonntag ist der Tag des HERRN, unser letzter Rüstzeittag. Gottesdienst ist angesagt, an dem alle mitwirken, mit Lesungen, Gebeten oder kräftigem Gesang. Pfr. i.R. Siegfried Liebscher verkündigt, was den Jüngern geschieht, als sie auf dem Weg nach Emmaus sind. Wir staunen, da wir uns in ihnen erkennen können. Wir haben erfahren: Wem die Augen geöffnet wurden für Jesu Realität, der muss die Geschwister in seiner Gemeinde aufsuchen. Im Glauben wandern wir eher selten allein.

Mein Zug geht um 12:54 Uhr Richtung Dresden. 14:03 Uhr komme ich in Pesterwitz wieder an. Drei Tage Lebensweg mit Brüdern haben mir gut getan und werden mein Leben auch weiter begleiten. Ich will zukünftig weniger Recht haben und eher Versöhnung suchen. Das geht, da ich beruflich nicht mehr als Rechtsanwalt unterwegs bin. Was hätte ich getan, wenn diese Freizeit früher stattgefunden hätte? Aber Gott kennt auch unsere Zeiten und wann was wie dran ist …

Text: Hartmut Roth, Fotos: Reiner Ittner