Schenker und Beschenkte

Weihnachtsaktion für LKW-Fahrer auf mitteldeutschen Rastplätzen

Kaum zu glauben angesichts voller Autobahnen: In Deutschland fehlen etwa 80.000 LKW-Fahrer! Von den verbleibenden – aus anderen Ländern – stehen etliche zu Weihnachten mit ihren Sattelschleppern auf Rastplätzen in der Region, allein am „Auerswalder Blick“ (Süd) fast 50. Sie sollen gerade an diesen Festtagen nicht vergessen werden. Deshalb machen sich engagierte Branchenkenner in Chemnitz*, Crimmitschau* und Markranstädt* auf, um den wegen des Feiertagsfahrverbots „liegengebliebenen“ Truckern eine kleine weihnachtliche Aufmerksamkeit zu schenken – an der A4 zwischen Hermsdorfer Kreuz und Siebenlehn, an der A14 bei Nossen und an der A9 südwestlich von Leipzig. So zaubern etwa 450 gefüllte Weihnachtstüten den zwei Tage auf etwa vier Quadratmetern hockenden (meist) Männern ein Lächeln ins Gesicht. Etwas Russisch und Englisch, Handy-Übersetzer, Gestikulieren und „Kauderwelsch“ schaffen fröhliche Begegnungen, mitunter zeigt sich die eine oder andere Träne im Auge der Beteiligten. Da sind der junge ukrainische Fahrer mit seiner Ehefrau im polnischen Laster, zwei Philippinos (vielleicht ehemalige Seeleute? – einer im ungarischen Laster), die Griechen mit bulgarischem LKW („ausgflaggt“?); oder der Georgier, der Moldawier und…und… und…

Man(n) wird dabei vom Schenker zum Beschenkten! So gab mir ein LKW-Fahrer eine im Autohof Siebenlehn eben extra gekaufte Tafel Milka-Schokolade als Dankeschön für die Weihnachtstüte. Das muss für ihn eine nicht unbedeutende Ausgabe gewesene sein!

Ein Ukrainer ist über das Geschenk und die passende Trucker-Bibel so erfreut, dass er sich als Diakon (im Ehrenamt) zu erkennen gibt und mir buchstäblich „von oben herab“ seinen Segen zuspricht. Ganz im Sinne einer zeitlosen biblischen Erfahrung: Das Leben ist Geben und Empfangen.

Meine Geschenktüten reichen leider nicht für alle Fahrer, die auf dem zuletzt besuchten MAXI-Autohof nahe Nossen-Nord stehen. Ich muss dem „letzten“ beschenkten Trucker aus Griechenland „kleinlaut“ gestehen, dass ich nichts mehr habe. Seine Antwort: „Wir teilen das unter uns.“

Es gibt noch viele unbesuchte Parkplätze. Darunter dürfte das „Dresdner Tor“ wohl einer der größten in Sachsen sein. Wo sind die „Weihnachtsmänner“ dafür?

Text: Thomas Lieberwirth

Kleiner Nachtrag: Als die Chemnitzer am „Auerswalder Blick“ ihre Geschenkaktion beenden, stoppt ein PKW mit einem Mann und seinen beiden Töchtern. Sie haben ganz privat Tüten für LKW-Fahrer gepackt und verteilen sie. Mal sehen, ob das Gespräch mit ihnen weitergeht und künftig zu einer Kooperation führt.

* Neben den Kraftfahrerkreisen Chemnitz-Zwickau und Halle-Weißenfels (Markranstädt) engagiert sich Diakon Guntram Adler mit seiner Frau und Leuten aus einer Crimmitschauer Kirchgemeinde bei dieser Weihnachtsaktion für ausländische LKW-Fahrer.

Fotos: Susanne & Guntram Adler, Silke & Sven Fritzsche, Thomas Goldmann,
Ina Holzmann, Hans Meier, Thomas Lieberwirth, Robert Wagner