Was machen Sie denn hier?

… So bin ich von ein paar Bewohnerinnen im Altenzentrum „Schwanenhaus“ der Diakonissenanstalt Dresden gefragt worden. Ja, was machte ich eigentlich dort seit Mitte Dezember vergangenen Jahres? Zunächst mal eine Menge neue Erfahrungen. Zuerst die Erfahrung, dass Mann Corona bedingt in den bekannten und gewohnten Tätigkeiten nicht so richtig gebraucht wird, weil Begegnungen und Termine ausfallen und der Materialschrank nun auch aufgeräumt ist. Ich dachte an die Männer, die aus den verschiedensten Gründen nun plötzlich zu Hause sind und sich fragen: Was mache ich jetzt? Wir Männer identifizieren uns über unsere Tätigkeiten, das steckt in uns drinnen und ist auch gut so. Dumm nur, wenn uns nichts Neues einfällt. Irgendeine Tätigkeit, die vielleicht auch Spaß machen könnte, tut uns Männern gut.

Mir fiel etwas ein: Ich will mich nützlich machen! Bekanntlich wurden viele ehrenamtliche Helfer im Pflegebereich gesucht. Weil mich mehreres mit der Diakonissenanstalt Dresden verbindet, habe ich mich im „Schwanenhaus“ gemeldet. Was wird auf mich da zukommen? Eine gewisse Unsicherheit machte sich breit, denn ich habe keine Praxiserfahrung. Aber die ‚alten Herrschaften‘ werde ich schon ‚füttern‘ können – Stopp! Das heißt: Ich werde den Bewohnern das Essen reichen. Der Umgang mit den Bewohnern beginnt auch mit der Sprache. Aber bevor ich im Wohnbereich „zu Tische dienen durfte“ (der Sinn des Begriffes Diakon in der Apostelgeschichte), durfte ich eine kleine Ausbildung absolvieren. Ich bin jetzt „Tester“ für den Schnelltest im Schwanenhaus für die Pflegekräfte und für die Besucher. Vielleicht nicht jederManns Sache, den anderen in die Nase zu fahren oder in der Kehle zu kitzeln. Aber sehr wichtig! Hier entlasten Ehrenamtliche das Personal des Schwanenhauses. „Bleiben Sie ein positives Negativ!“ Selten kam es auch mal zum ‚negativen Positiv‘, dann wurde es für die Beteiligten stressig.

Schöner war es im Wohnbereich. Zu meinen Aufgaben gehörten: Mit Bewohnern spazieren zu gehen oder mich mit ihnen zu unterhalten – einfach Abwechslung in ihren doch recht gleichen Alltag zu bringen. Dazu kam, in der Wohnbereichsküche den Geschirrspüler zu bestücken. Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf: Keiner kann es besser als ich! Außerdem die Tische im Saal für die nächste Mahlzeit neu herzurichten, das Essen auszugeben und ein paar Bewohnerinnen das Essen ein wenig zu reichen und sie immer wieder zu motivieren, denn man kann auch schnell vergessen, zu essen. Viele können sich an ihre Kindheitstage gut erinnern, aber was gestern war? „Und was machen Sie hier und wie heißen Sie?“ Nach dem ich meinen Namen schon x-mal gesagt habe, werde ich dann doch mit dem Namen eines Pflegers angesprochen. Aber das macht nichts, unter den Kollegen habe ich eine gute Atmosphäre vorgefunden und war schon nach kurzer Zeit auch einer von ihnen.

Mein Resümee: Ich bin dankbar, dass in diesem Coronaeinschnitt diese Tür für mich aufgegangen ist und ich neue Erfahrungen sammeln konnte. Barmherzigkeit und Demut stehen hier vorn dran. Wer hier nur seinen Job macht, wird selbst enttäuscht werden und auch andere enttäuschen. In dieser Berufswelt braucht man immer wieder Leidenschaft, da steckt auch das Leiden mit drin, besonders wenn um Bewohner getrauert wird, die diese irdische Welt verlassen. Denn irgendwie wächst man zu einer großen Familie zusammen. Man muss sie einfach alle lieb haben – natürlich, mal weniger und mal mehr. Und ich sage immer: Ehre wem Ehre gebührt, sie haben alle einmal in ihrem Berufen oder in ihren Familien ein Stück die Welt gerettet, die Diakonissenschwestern, Frauen und Männer.

Was machen Sie denn hier?“  Für mich war es ein Ehrenamt mit tollen Erfahrungen. – Für die Pflegekräfte ist es ein ehrenvoller Dienst. – Vielen Dank.

Karsten Schriever,  Diakon, Reisesekretär der Männerarbeit der EVLKS