Auf zu neuen Ufern
Männer-Rüstzeit vom 31.3. bis 3.4. in Rathen
Auch wenn die Folgen von Corona bei der Männerarbeit nicht solche Nachwirkungen haben wie bei manchen Zeitgenossen, spüren wir die Folgeschäden auch. Vor Corona kamen bis zu 40 Männer mit zur Rüstzeit nach Rathen, diesmal freuten wir uns über 18 Teilnehmer.
Auf zu neuen Ufern, schnell wurde die Frage deutlich: Will ich überhaupt noch mal in meinem Leben eine neues Ufer erreichen – das ist nämlich auch anstrengend – oder habe ich mich am alten Ufer so gut eingerichtet, dass ich bleiben möchte? Das entdecken wir jetzt auch im dritten Jahr von Corona, Mann hat sich zum Teil auch damit eingerichtet. Mann lässt sich einfach zu Hause über die Medienkanäle leiten.
Bei unserem ersten Bibelgespräch betrachteten wir das wandernde und murrende Volk durch die Wüste. Mehrmals wurden die Stimmen von denen laut, die lieber für die „fetten Fleischtöpfe Ägyptens“ die Sklavenentbehrung in Kauf nehmen wollten. Aber soweit ich mich beim Bibellesen erinnern kann, gab es gar keine fetten Fleischtöpfe, sondern nur Stroh und Lehm für die Bauten des Pharaos.
Und da sind wir bei dem Psychologen Emil Kraepelin, Professor an der Uni Heidelberg, der 1886 von „Erinnerungsverfälschung“ spricht. Das kommt übrigens bei jedem von uns vor, dass unsere ‚geschichtliche Wahrheit / Erinnerung‘ nicht zu hundert Prozent mit der damaligen Realität übereinstimmt. „Das war doch nicht alles schlecht damals!“ zum Beispiel auf der Festung Königstein. Dort erlebten wir eine tolle Führung mit dem Einblick in die Geschichte der Festung, mal mit einem anderen Fokus. Es ging um das dörfliche Leben auf der Festung mit Schullehrer und Garnisionspfarrer.
Auf zu neuen Ufern meinte auch Jesus und schickte schon mal seine Jünger im Boot über den See Genezareth voraus. Und dann kam der Sturm und Jesus nicht da. Und dann plötzlich ein Mensch mitten auf dem Wasser! Mich wundert’s nicht, dass die Jünger Angst hatten. Mir geht es doch aus so. Da verlässt man ein Stück Vergangenheit, wagt etwas Neues. Und dann bricht es über einen herein und Jesus (scheinbar) nicht da. Wäre ich doch geblieben, hätte ich mich doch nicht so entschieden, es war doch nicht alles schlecht … NEIN, wir sitzen gemeinsam im Boot oder wandern gemeinsam durch Wüsten-Zeiten, aber wir sind nicht allein.
Robert Neil Butler machte 1963 die grundlegende Beobachtung, dass Menschen ganz allgemein ein Bedürfnis nach Lebensrückblick haben, nach Bewertung und Bearbeitung von bisher ungelösten Konflikten. Auf zu neuen Ufern – und nochmal kurz zurück geschaut: Ich kann aus meiner Vergangenheit lernen und es in Zukunft anders machen. Meine Geschichte bereitet auch immer meine Zukunft vor.
Text: K. Schriever; Fotos K. Schriever + R. Ittner