Huld, Schuld und Kult

Sechszehn Männer bezogen für eine Woche Quartier am größten künstlich angelegten See Deutschlands, dem Geiseltalsee. Der See, der Teil einer Renaturierungsmaßnahme eines Braunkohle Tagebaues ist, wurde von Global Nature Fund (GNF) zum „Lebendigen See des Jahres 2023“ ernannt. Die Lage im Süden von Sachsen Anhalt bietet sich als guter Ausgangspunkt fürs Radfahren zu hochkarätigen Kulturstätten an. Dementsprechend war das Thema und Programm gestaltet.

Gestartet wurde mit einer Stadtführung in Mücheln, wo wir unser gemütliches Unterkommen hatten. Die Attraktionen des Ortes sind die Kellerräume des Rathauses, in denen Theaterstücke aufgeführt werden, ein steiler Marktplatz und die Kirche, welche eine Krypta besitzt. Bis zum See mit Marina (Segelhafen) sind es etwa 500m Fußweg. Das entsprechende Bibelgespräch „Stau-See“ (Teich Bethesda Joh. 5,1-18) rundete den Einstiegstag ab. An den folgenden Tagen zogen wir nach dem Frühstück los um in Naumburg den Dom, in Frankenhausen das Panoramabild und in Halle das Museum für Frühgeschichte zu besichtigen. Der Großteil der Ruheständler war mit dem Rad dahin unterwegs, es gab aber auch eine Autofahrerfraktion. Um die Mittagszeit trafen wir uns, um jeweils gemeinsam die spannende Führung zu erleben. Nach einem „Schälchen Heesen“ trennten sich erst mal wieder unsere Wege in Rad- und Autofahrer. Das tat unserer Gemeinschaft aber keinen Abbruch, denn spätesten am Abendbrottisch waren wir wieder vereint.

Zum abendlichen Bibelgespräch verknüpften wir die Eindrücke und Erlebnisse unserer Kulturreise mit einem biblischen Text. Schließlich hat der Dom in Naumburg nicht nur hervorragende Architektur zu bieten, sondern mit der Domstifterin Uta auch eine weitsichtige Frau und Christin. Unter dem Thema „Huld“ was so viel wie Wohlwollen bedeutet, bedachten wir verschiedene Aufgaben und Dienste die in der Apostelgeschichte 9,36-43 beschrieben werden. 

Dem eindrucksvollen Großgemälde von der Bauernkriegszeit stellten wir den Psalm 51 gegenüber. Alle gesellschaftlichen Veränderungen haben mit Schuld zu tun – so auch die Auswirkungen der Reformation. Vor allem wenn das Neue mit brachialer Gewalt durchgesetzt werden soll, dann sind die mahnenden Wort des Verses 12 sehr hilfreich: „Schaffe in mir, Gott ein reines Herz, und gib mir einen neuen, gewissen Geist“. Im Grunde genommen ist das die Einsicht, Gott möge unser Handeln menschenfreundlich flankieren.

Zum Abschluß nahmen wir die über 3000 Jahre alte Himmelscheibe von Nebra in Augenschein. Wer hätte gedacht solch eine Scheibe mit diesen astronomischen Erkenntnissen und Bildern in Mitteldeutschland zu finden. Kult ist nicht nur ein ritueller Brauch und Ehrerweisung, sondern Kult enthält auch lebenswichtige Ausrichtungen. Kult öffnet damit Zugänge zum Leben. Die Scheibe hatte z.B. kalendarische Bedeutung für das Säen und Ernten. Der Text aus dem Buch Prediger (Kap. 8) macht deutlich unser Leben dreht sich um die Sonne (Wärme und Licht) aber eben auch um Gott, dem Schöpfer des ganzen Kosmos, der uns sogar eine persönliche Beziehung zu IHM bietet.

Die Rüstzeitwoche beendeten wir mit einer Andacht in der Kirche und einer Umrundung des Geiseltalsees (26km) mit dem Fahrrad. Unversehrt und dankbar für trocknes Wetter und gute Gemeinschaft traten wir die Heimreise an.

Text: H. Günther